Die Geschichte eines Priesters der Jugend
Johannes Boscos Eltern waren Bauern aus dem Piemont in Italien. Im Alter von zwei Jahren starb sein Vater und Johannes wurde zur Halbwaise. Seine Mutter, eine tiefgläubige Frau, musste von nun an alleine für Johannes und seinen älteren Halbbruder Antonio sorgen. Mit zwölf Jahren ging Johannes bei einem Schneider in die Lehre. Vom Februar 1828 bis zum November 1829 verdingte er sich als Stallbursche auf einem Bauernhof, um seiner Mutter nicht zur Last zu fallen und den Unterricht in Katechismus finanzieren zu können, weil er schon früh den Wunsch verspürte, Priester zu werden. Sein älterer Halbbruder Antonio versuchte mit allen Mitteln, diesen Unterricht zu verhindern, um den jüngeren weiterhin zu Hause und auf dem Feld arbeiten zu lassen. Die Mutter zahlte Antonio die Erbschaft aus, worauf dieser die Familie für immer verließ. Johannes konnte von 1831 bis 1835 das Gymnasium in Chieri besuchen und trat 1835 in das Priesterseminar des Erzbistums Turin in Chieri ein.
1841 wurde Johannes Bosco kurz vor Ostern zum Diakon geweiht, am 15. Juni desselben Jahres zum Priester. Er ging nach Turin, um dort für arme und benachteiligte Jugendliche zu wirken. Er versuchte, für die Straßenkinder aus Turin, die es in dieser Zeit der einsetzenden Industrialisierung zu Hauf gab, einen Ort zum Wohlfühlen und der Erziehung zu schaffen. Diesen Ort nannte er "Oratorium". Nach mehreren Umzügen des Oratoriums und einer Phase als „Wanderoratorium“ konnte er 1846 im Turiner Stadtteil Valdocco in einem kleinen, heruntergekommenen Schuppen einen festen Platz für die Jugendlichen finden.
Pädagogik auf Augenhöhe mit den Kindern und Jugendlichen
Im beginnenden Industriezeitalter verringerte sich der erzieherische Einfluss vieler Eltern in den Städten, wie z. B. im schnell wachsenden Turin. Der Vater ging in der Regel früh aus der Wohnung und kehrte spät heim und auch die Mutter war nicht mehr wie in der vorindustriellen Zeit in der Lage, sich tagsüber um die Erziehung der Kinder zu kümmern. Aus dieser Hilfslosigkeit der Eltern heraus gerieten viele Kinder und Jugendliche in die Verwahrlosung und Desorientierung. Tagsüber bis in den Abend hinein beschäftigten sie sich als Straßenkinder.
So holte Johannes Bosco jene Jugendlichen zusammen und vermittelte ihnen erst einmal Geborgenheit durch Vertrauen und Anerkennung ihrer Person in ihren existenziellen Bedürfnissen. Außerdem unterrichtete er sie schulmäßig, wobei er immer wieder auf Prinzipien des hilfsbereiten und friedvollen Umgangs Wert legte: die Jugendlichen sollten einander Vorbild werden, sich nicht ärgern, andere wegen geistiger oder körperlicher Mängel nicht verspotten, geduldig und nicht hochmütig sein. In diesem Handlungsfeld einer auf Solidarität, Toleranz und Kooperation ausgerichteten Lerngruppe konnten sie die erzieherischen Impulse zur Entwicklung ihres eigenen Wertempfindens annehmen.
Er entwickelte eine für die damalige Zeit neuartige Pädagogik, welche er "Präventivsystem" nannte. Seine Erziehungsprinzipien waren Liebe, Vernunft und Glauben, die er zu verschiedenen Gelegenheiten partikulär und einander ergänzend erklärte. Beispielsweise ist die erzieherische Liebe nach Bosco durch drei Komponenten wie folgt gekennzeichnet: „Sie ist echt menschliche Liebe, sie wird getragen von Vernunft und ist im Glauben begründet“.